Darf ich eigene Musik und Videos ins Internet stellen?


Viele Musiker und Produzenten sind heute verunsichert, ob sie ihre eigenen Musikaufnahmen, Videos und Konzertmitschnitte ins Internet stellen dürfen, z.B. auf YouTube, eigenen Websites oder sonstigen Plattformen. Wann müssen hier eigentlich andere Rechteinhaber gefragt werden? Was macht hier eigentlich die GEMA? Und ändert sich vielleicht alles durch die neue EU-Urheberrechtsreform von 2019 (Stichwort „Upload-Filter“)?

Kürzlich hat mich der Bayerische Rundfunk in einem Interview hierzu befragt und wir haben festgestellt, wie wenig verbindliche Informationen es doch hierzu im Internet gibt. Einen Link zum Interview finden Sie hier. Das Interview habe ich zum Anlass genommen, einige typische Fragen zu beantworten (dieser Artikel gibt meine persönliche Rechtsmeinung wieder und kann eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen).

I. Darf ich als Musiker meine eigenen Musikaufnahmen ins Internet stellen?



Dies hängt ganz davon ab, ob Sie eigene oder fremde Inhalte nutzen:

1. Die Musikaufnahmen enthalten Eigenkompositionen



Unproblematisch ist es, wenn Sie Inhaber aller Rechte sind. Sie müssen sich also fragen:

– Stammen Komposition und Text des Stückes von mir?
– Stammt die Aufnahme der Musik von mir (selbst gesungen, gespielt und aufgezeichnet)?
– Falls die Musik von Freunden oder anderen Personen aufgenommen wurde, habe ich deren (am besten schriftliche) Zustimmung zur Nutzung?
– Habe ich keine fremden Samples verwendet?
– Bin ich kein GEMA-Mitglied?

Wenn Sie diese Fragen mit JA beantworten können, können Sie Ihre Musikaufnahmen im Internet frei nutzen.

Eine Ausnahme gibt es dann, wenn Sie GEMA-Mitglied sind. Die GEMA ist die Verwertungsgesellschaft zur Wahrnehmung der Urheberrechte an Musikwerken (Kompositionen, Texte, Bearbeitungen). Dann haben Sie nämlich der GEMA viele ausschließliche Rechte an Ihren Werken eingeräumt. Ausschließlich bedeutet, dass Sie diese Rechte nicht mehr selbst wahrnehmen können.

Wenn Sie dann Ihre eigenen Musikaufnahmen auf eigenen Websites nutzen möchten, benötigen Sie die entsprechenden GEMA-Lizenzen. Allerdings sieht die GEMA zurzeit eine vergütungsfreie Lizenz für GEMA-Mitglieder zur Eigenpräsentation auf Websites vor (aber auch diese Lizenz muss vor dem Upload erworben werden).

Wollen Sie die Musikaufnahmen auf Plattformen hochladen, die Vereinbarungen mit der GEMA geschlossen haben, haben Sie erst einmal mit der GEMA nichts zu tun (Sie müssen nur für ordnungsgemäße Angaben des Werkes und der Urheber beim Upload Sorge tragen). Auf einige Plattformen können Sie Ihre Aufnahmen vielleicht nicht uploaden, wenn hier lediglich Uploads GEMA-freier Musik erlaubt ist (da diese Plattformen keine GEMA-Lizenzen zahlen wollen). Auf YouTube können Sie aber auch als GEMA-Mitglied Ihre eigene Musik uploaden, da YouTube (jedenfalls zurzeit) eine Vereinbarung mit der GEMA geschlossen hat.

2. Die Musikaufnahmen enthalten fremde Werke



Hier sieht die Rechtslage anders aus, da weitere Rechteinhaber vorhanden sind:

a) Coverversionen

Bei einer Coverversion stammen Komposition und Text von anderen Personen (Urhebern). Sind diese weniger als 70 Jahre tot, sind deren Werke noch geschützt. Eventuell haben diese Urheber Verlagsverträge mit Musikverlagen geschlossen (die dann ebenfalls Rechteinhaber sind). Die Urheber sind zusammen mit den Musikverlagen in der Regel Mitglieder der GEMA (oder ausländischer Verwertungsgesellschaften).

Die GEMA ist verpflichtet, allen Nutzern die ihr zur Wahrnehmung von den Urhebern und Verlagen eingeräumten Nutzungsrechte durch Lizenz einzuräumen. Regelmäßig haben Urheber und Verlage der GEMA auch das Recht eingeräumt, die Musikwerke (als Teil von Musikaufnahmen) im Internet öffentlich zugänglich zu machen, z.B. durch Download oder Streaming.

Wichtig: Dies muss aber nicht der Fall sein. Urheber und Verlage können sich auch dazu entscheiden, der GEMA (oder ihrer ausländischen Verwertungsgesellschaft) einzelne Rechte nicht einzuräumen. Grundsätzlich kann man aber davon ausgehen, dass die GEMA diese Rechte für alle Werke besitzt. Wenn man kann sichergehen möchte, kann man auf der Website der GEMA unter www.gema.de in der Datenbank nach dem entsprechenden Werk suchen und die GEMA fragen, welche Rechte sie besitzt.

Können die Rechte für das Streamen und den Download also von der GEMA lizenziert werden, können Sie diese Coverversionen entsprechend im Internet verwenden. Hier gilt genau das, was ich oben zu Eigenkompositionen von GEMA-Mitgliedern gesagt habe. Das heißt:

Wenn Sie die Coverversionen auf eigenen Websites nutzen möchten, benötigen Sie die entsprechenden GEMA-Lizenzen. Auf einige Plattformen können Sie Ihre Coverversionen vielleicht nicht uploaden, wenn hier lediglich Uploads GEMA-freier Musik erlaubt ist. Auf YouTube können Sie aber auch Coverversionen uploaden, da YouTube (jedenfalls zurzeit) eine Vereinbarung mit der GEMA geschlossen hat. Achtung: Ausnahmen gibt es bei Musikvideos (siehe unten).

b) Remixes, Neuarrangements, Veränderung, Kürzungen etc.

Problematisch wird es, wenn Sie die Originalwerke verändern (neu arrangieren, den Ablauf ändern, Texte ändern, Melodiefolgen hinzufügen etc.). Dies ist urheberrechtlich eine Bearbeitung. Das Bearbeitungsrecht wird von der GEMA nicht wahrgenommen. Die GEMA vergibt Ihnen nur das Recht, Originalwerke anderer Urheber unverändert zu verwenden (als Coverversionen). Sie müssen also die Einwilligung der Urheber und Musikverlage einholen. Dies wird in der Praxis schwierig sein (es sei denn, die Originalurheber sind z.B. Remixes gegenüber aufgeschlossen, z.B. weil Sie ein erfolgreicher DJ sind).

II. Darf ich als Musiker meine eigenen Videos ins Internet stellen?



Unter Videos verstehe ich hier alle Formen von Musikvideos und Filmaufzeichnungen Ihrer Musik mit der Ausnahme von Live-Darbietungen auf der Bühne (zu solchen Konzertmitschnitten siehe unten).

Auch hier hängt es wieder ganz davon ab, ob Sie eigene oder fremde Inhalte nutzen:

1. Die Videos enthalten Eigenkompositionen



Auch hier müssen Sie sich wieder fragen:

– Stammen Komposition und Text des Stückes von mir?
– Stammt die Aufnahme der Musik von mir (selbst gesungen, gespielt und aufgezeichnet)?
– Falls die Musik von Freunden oder anderen Personen aufgenommen wurde, habe ich deren (am besten schriftliche) Zustimmung zur Nutzung?
– Habe ich keine fremden Samples verwendet?
– Bin ich kein GEMA-Mitglied?
– Habe ich das Video aufgenommen?
– Falls das Video von Freunden oder anderen Personen aufgenommen wurde, habe ich deren (am besten schriftliche) Zustimmung zur Nutzung?

Wenn Sie diese Fragen mit JA beantworten können, können Sie Ihre Videos im Internet frei nutzen.

Sind Sie GEMA-Mitglied, sind entsprechende GEMA-Lizenzen fällig (siehe oben zu I. 1.).

2. Die Videos enthalten fremde Werke (Coverversionen)



Bei Coverversionen wird es problematisch. Sobald ich in irgendeiner Weise ein Musikwerk (Komposition und Text) mit einem Film verbinde, ist das sog. „Synchronisationsrecht“ berührt (Musik und Film werden „synchronisiert“). Für den Fall der Herstellung von Musikvideos liegt dieses Synchronisationsrecht bei den Urhebern und Musikverlagen. Die genaue rechtliche Konstruktion ist etwas komplizierter: Urheber und Musikverlage räumen der GEMA dieses Synchronisationsrecht unter einer auflösenden Bedingung ein. Urheber und Verlage können im Fall einer Rechteanfrage dieses Recht zurückrufen und die Lizenz selbst vergeben oder die Nutzung verbieten. In der Praxis ist der Rückruf der Normalfall. Die GEMA wird somit in der Praxis dieses Recht meist nicht vergeben.

Dies bedeutet für Sie, dass Sie Musikvideos mit Coverversionen nicht einfach auf einer eigenen Homepage oder auf Plattformen uploaden können, sofern hier keine vorherige Zustimmung der Urheber und Musikverlage eingeholt wurde.

Bei YouTube gibt es aber zurzeit eine Ausnahme. Viele Urheber und Verlage erlauben über das Content-ID-System eine Nutzung ihrer Werke zur Herstellung von Musikvideos mit Coverversionen. Dann kann über YouTube sogar eine gemeinsame Monetarisierung erfolgen. Dies trifft aber nicht auf alle Werke zu. In diesem Fall wird YouTube Ihr Musikvideo voraussichtlich sperren.

III. Darf ich als Musiker eigene Konzertmitschnitte ins Netz stellen?



Hier ist zu beachten, dass bei Konzertausschnitten ein weiterer Rechteinhaber ins Spiel tritt, nämlich der Veranstalter. Der Veranstalter des Konzerts ist derjenige, der dieses organisiert und wirtschaftlich verantwortet. Trete ich als Musiker z.B. bei einem Stadtfest auf und lasse ich meinen Auftritt filmen, kann ich den Konzertmitschnitt nicht ohne Zustimmung des Veranstalters ins Internet stellen.

Die Zustimmung kann aber auch mündlich erklärt werden (z.B., wenn Sie die Aufnahmen vorher mündlich mit dem Veranstalter absprechen). Es kann sogar eine stillschweigende Zustimmung des Veranstalters vorliegen. Gerade bei kleineren Bühnen ist es heute üblich, dass Konzertauftritte mit Smartphones, Tablets oder Videokameras aufgezeichnet und diese Konzertmitschnitte dann auf Künstlerwebsites und Plattformen im Internet (wie YouTube) eingestellt werden. Lassen Veranstalter wissentlich solche Filmaufzeichnungen geschehen, muss man meiner Meinung nach heutzutage von einer Einwilligung in solche üblichen Nutzungshandlungen ausgehen. Anders ist es natürlich, wenn ausdrückliche Foto- und Filmverbote bestehen.

Sie müssen sich also auch hier wieder fragen:

– Stammen Komposition und Text des Stückes von mir?
– Habe ich beim Auftritt keine fremden Samples verwendet?
– Habe ich den Konzertmitschnitt selbst aufgenommen?
– Falls er von Freunden oder anderen Personen aufgenommen wurde, habe ich deren (am besten schriftliche) Zustimmung zur Nutzung?
– Habe ich das Konzert selbst veranstaltet (organisiert) oder liegt die (am besten schriftliche) Zustimmung des Veranstalters vor?
– Bin ich kein GEMA-Mitglied?

Wenn Sie diese Fragen mit JA beantworten können, können Sie den Konzertmitschnitt auch ins Internet stellen.

Müssen Sie eine der Fragen mit NEIN beantworten, gelten wieder die oben dargestellten Grundsätze. Das heißt:

Spielen Sie beim Konzert Eigenkompositionen, sind aber GEMA-Mitglied, müssen Sie auch für eigene Werke Lizenzen erwerben. Auf Plattformen, die Vereinbarungen mit der GEMA getroffen haben, können Sie diese Konzertausschnitte dann auch einstellen.

Bei Coverversionen benötigen Sie wieder die Einwilligung der Urheber und Verlage für die Herstellung des Filmmitschnitts. Wie beim Musikvideos ist auch hier die Verbindung von Werk und Film eine Synchronisation und Sie benötigen von den Rechteinhabern dann das Synchronisationsrecht. Diese Einwilligung werden Sie von den Urhebern und Verlagen für Ihre Konzertmitschnitte aber im Zweifel nicht bekommen. Wichtig: Das Content-ID-System von YouTube für Musikvideos gilt nicht für Konzertmitschnitte. Sie können also Konzertmitschnitte, die Coverversionen enthalten, nicht auf YouTube hochladen.

Eine zusätzliche Einwilligung würden Sie bei Bearbeitungen (Neuarrangements etc.) benötigen. Eine solche Einwilligung wird Ihnen aber im Zweifel nicht erteilt werden.

Verwenden Sie bei Ihren Konzerten besondere Showeffekte (Videoeinspielungen, Toneinspielungen, Laser-Show etc.) kann es sein, dass an diesen Elementen ebenfalls Urheberrechte bestehen. Dann müssen Sie für die Nutzung des Konzertmitschnitts auch von diesen Rechteinhabern Einwilligungen einholen.

Der Vollständigkeit halber möchte ich darauf hinweisen, dass Sie natürlich erst recht nicht Mitschnitte von Konzerten anderer Künstler ins Internet stellen dürfen. Denn hier sind zusätzlich auch noch die Rechte der anderen Bühnenkünstler betroffen. Enthalten die fremden Konzertauftritte besondere Showeffekte, sind dann auch weitere Rechteinhaber betroffen.

IV. Was ändert sich durch die EU-Urheberrechtsreform?



Für den Nutzer ändert sich rechtlich zunächst nichts. Was vorher verboten war, ist es jetzt auch noch. In technischer Hinsicht sieht es anders aus:

Da die Plattformen durch die Reform mehr in die Haftung genommen werden, könnten verbesserte Upload-Filter eingesetzt werden. Das heißt, dass Sie bei der Einstellung fremder Inhalte (z.B. Musikvideos mit Coverversion) eher „erwischt“ werden. Ferner wird den Upload-Filtern vorgeworfen, eventuell zu grob zu filtern und versehentlich auch erlaubte Werke zu sperren (z.B. einen eigenen Song, der vom Filter fälschlich als ein Coversong angesehen wird). Inwieweit es technisch hier zu Problemen kommt, wird die Zukunft zeigen.

Die größten Folgen werden Upload-Filter für die Plattformen selbst haben, die nun mehr in die Haftung genommen werden.

Den Link zu meinem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk am 7.4.2019 finden Sie hier.

Gerne stehe ich Ihnen bei weiteren Fragen des Musikrechts zur Verfügung. Sie können sich mit mir in Verbindung setzen.

Einige Antworten auf typische Fragen zum Ablauf eines Mandats und zu den Kosten meiner Kanzlei erhalten Sie hier.
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