Kürzlich habe ich beim Radiosender rbb3 ein Interview zu der Frage geführt, wie eigentlich durch künstliche Intelligenz (KI) generierte Musik rechtlich geschützt wird. Bestehen hier eigentlich Urheberrechte? Kann man hierdurch Rechte verletzen? Wer kann hiermit eigentlich Geld verdienen? Aufhänger war der Titel „Verknallt in einen Talahon“ von Butterbro. Hier ist der
Link.
Urheberrechte und Leistungsschutzrechte an der Musik
Wenn wir uns Musikproduktionen anschauen, müssen wir zwei Rechtegruppen unterscheiden:
Urheberrechte bestehen an den Kompositionen, Texten und Bearbeitungen (Arrangements). Urheber sind entsprechend die Komponist*innen, Texter*innen und Arrangeure. Die meisten Nutzungsrechte werden in der Praxis von Verwertungsgesellschaften (wie der GEMA) wahrgenommen.
Ferner bestehen an der Musik Leistungsschutzrechte. Diese entstehen z.B. an den Darbietungen der Interpreten (ausübenden Künstler*innen) und bei der Herstellung von Tonaufnahmen (Rechte der Tonträgerhersteller). Die meisten dieser Rechte liegen in den Händen der Tonträgerhersteller (Labels) und werden von diesen wahrgenommen.
Input und Output bei Künstlicher Intelligenz
Bei KI müssen wir uns zwei Bereiche anschauen:
Erstens geht es um den Input. Die KI-Generatoren durchforsten das Internet zu Trainingszwecken (maschinelles Lernen). Hierbei greifen sie auch auf urheberrechtlich geschützte Werke zurück (Filme, Musik, Texte, Bilder, Grafiken etc.). Hier wird diskutiert, inwiefern dieser Input rechtlich zulässig ist.
Zweitens geht es um den Output. Hierunter versteht man das von der KI generierte Ergebnis (ein neues Bild, neue Musik, ein neuer Videofilm etc.). Hier wird diskutiert, ob an diesen KI-generierten Ergebnissen eigentlich Urheberrechte bestehen können.
Rechtsverletzungen beim Input (Training von KI-Generatoren)
Wenn KI-Generatoren urheberrechtlich geschützte Werke zu Trainingszwecken verarbeiten, ist dies grundsätzlich als Data Mining zulässig, § 44b UrhG. Die Rechteinhaber haben aber die Möglichkeit in maschinenlesbarer Form einen Rechtevorbehalt bei den Werken anzubringen (Opt-out). Inwieweit sich dieser dann technisch umsetzen lässt, ist allerdings die Frage. Im europäischen Rechtsraum basiert diese Vorschrift auf einer EU-Richtlinie vom 17.04.2019 (Art. 4). In den USA existiert eine solche Vorschrift nicht. Hier ist die Frage, ob die KI-Trainings noch als „Fair Use“ gelten (dies wird zurzeit gerichtlich geklärt). Zurzeit ist das Füttern der KI-Generatoren im europäischen Rechtsraum in der Form des Data Mining zulässig. In den USA gibt es zurzeit einige Gerichtsverfahren, in denen die Rechtslage geklärt werden soll.
Vorsicht bei der Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch KI-Musik
Gefährlich wird es, wenn die KI die Stimmen von existierenden Sänger*innen imitiert. So kann man im Prompt auch angeben, dass ein Lied z.B. im Stil von Paul McCartney gesungen werden soll. In diesem Fall werden die Persönlichkeitsrechte der Künstler*innen verletzt und diese können bei einer Nutzung des KI-Outputs hiergegen vorgehen. Hiervor ist nur zu warnen.
Urheberrechtlicher Schutz des Outputs der KI-Generatoren
Nach deutschem Recht können nur natürliche Personen (Menschen) Urheberrechte erwerben. Werden Text, Komposition und Arrangement vollständig von der KI entwickelt, besteht dann hieran auch kein Urheberrecht. Anders ist es, wenn der/die KI-Nutzer*in Texte oder Textstellen selbst verfasst und weitere konkrete Eingabebefehle (Prompts) für Text und Musik einstellt, das Ergebnis immer wieder überarbeitet, künstlerische Auswahlentscheidungen trifft und hierdurch das Endergebnis individuell beeinflusst. Dann wird die KI mehr und mehr zu einem bloßen Werkzeug und es können auch Urheberrechte bei dem/der KI-Nutzer*in entstehen.
Für die Leistungsschutzrechte des Tonträgerherstellers ist es nicht notwendig, dass ein urheberrechtlich schutzfähiges Werk besteht oder hier ein Mensch tätig geworden ist. Somit können an der KI-Aufnahme Leistungsschutzrechte des Tonträgerherstellers entstehen. Diese Leistungsschutzrechte dürften dann ausschließlich bei den Inhabern der KI-Anwendung liegen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der KI-Anbieter sehen aber meistens vor, dass der KI-Anbieter den Nutzer*innen sämtliche Nutzungsrechte auch für die kommerzielle Nutzung überträgt. In diesem Fall können die Nutzer*innen also alle Leistungsschutzrechte an der KI-Aufnahme von den KI-Anbietern erwerben.
Kann ich mit KI-Musik Geld verdienen?
Wir haben gesehen, dass die KI-Nutzer*innen durchaus Rechteinhaber werden können, z.B. durch das Eingeben von Texten oder Textstellen, individuelle Auswahlentscheidungen bei der Erstellung der Musikkomposition und Erwerb der Leistungsschutzrechte an der Musikaufnahme (durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der KI-Anbieter). Dann können solche Titel auch kommerziell ausgewertet werden, z.B. über DSP (Digital Service Providers, wie Spotify, Amazon etc.). Allerdings sehen deren Nutzungsbedingungen meist vor, dass die Verwendung von KI in der Musik gekennzeichnet werden muss. Auch die KI-Anbieter verlangen mitunter die Nennung ihres Unternehmens. Es bleibt abzuwarten, ob zukünftig die Erlösmodelle auf KI-Musik angepasst werden (z.B. geringere Lizenzen gezahlt werden). Es ist auch gut vorstellbar, dass seitens der Verwertungsgesellschaften (wie GEMA) Forderungen an die Politik erhoben werden, hier gesetzlich nachzujustieren, so dass auch die Erstellung von KI-Musik verwertungsgesellschaftenpflichtig wird. Auch die Musiklabel werden unter Umständen darauf drängen, dass die KI-Anbieter Lizenzverträge schließen. Schließlich werden die KI-Anwendungen durch die geschützten urheberrechtlichen Werke und leistungsschutzrechtlich geschützten Aufnahmen trainiert. Hier sind noch spannende Entwicklungen zu erwarten.
Gerne stehe ich Ihnen bei sämtlichen Fragen zum Musikrecht zur Verfügung. Gerne können Sie sich mit mir
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